Celestine fängt wieder von vorn an

Rückkehrerin   |   Quelle: Oberhessische Presse 


Sie konnte ihre Tränen nicht zurückhalten, doch schließlich fand Celestine Kpakou einige Worte: „Ich möchte mich ganz herzlich bei euch bedanken - es ist einfach überwältigend“.



Celestine Kpakou ist zurück in Deutschland – mit Vater Christopher (links) und Ehemann Arnaud erlebte sie eine Feier im Kreise ihrer Unterstützer.
Celestine Kpakou ist zurück in Deutschland – mit Vater Christopher (links) und Ehemann Arnaud erlebte sie eine Feier im Kreise ihrer Unterstützer.
© Thorsten Richter


Marburg. Rund zwei Monate nach ihrer Rückkehr nach Deutschland richtete sie diesen Dank an ihre Freunde und Unterstützer, die sich bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im Schwanhof versammelt hatten, um ihre Wiederkehr zu feiern. Einige von ihnen sah Celestine zum ersten Mal nach sieben Jahren.

Im Jahr 2006 war Celestine gemeinsam mit ihrer Familie in ihr Geburtsland Togo abgeschoben worden - nach 13 Jahren, in denen sie sich ein Leben in Cölbe aufgebaut hatten. „Es war eine Sache von Minuten, nicht von Stunden“, sagt die heute 27-Jährige über den Moment, in dem die Polizei plötzlich vor der Tür stand und die Familie anwies, ihre Sachen zu packen. „Ich habe nur unnützes Zeug mitgenommen - einen Haufen von Winterjacken“, erinnert sie sich. Sie habe sich gefühlt „wie ein Schwerverbrecher“.

Erst in Togo angekommen, erfuhr die Familie davon, dass Vater Christopher Kpakou in Deutschland war. Aufgrund einer schweren Erkrankung durfte er bleiben. Doch auch aufgrund der Trennung sei „die Familie an der Abschiebung fast zerbrochen“, sagt Celestine.




Erst nach einer gewissen Zeit der Verarbeitung rückte sie wieder näher zusammen. Dennoch „hatten wir nichts“, schildert sie die Zeit in Togo. „Und niemand wollte uns glauben, dass das in einem so perfekten Land wie Deutschland möglich ist.“

Nur durch die Unterstützung des Internationalen Kontaktkreises Asyl, der sich schon nach der Ankunft der Familie Kpakou 1993 in Niederweimar gegründet hatte, kann sie sich über Wasser halten. „Essen, Strom, Wasser, Krankenhaus - das wurde uns alles bezahlt“, erzählt Celestine. Ihren Freunden und dem Kontaktkreis sei sie daher „sehr dankbar dafür, dass sie uns in den vielen Jahren nie aufgegeben haben“. Nicht nur mit Geld, sondern auch durch persönliche Kontakte über Telefon, Skype oder Facebook sei sie immer unterstützt worden.



Durch die Hochzeit mit ihrem deutsch-togolesischen Mann Arnaud kehrte sie nun zurück nach Deutschland und „muss jetzt wieder bei Null anfangen“ - ohne Mutter und Geschwister. Die Rückkehr ihrer restlichen Familie ist für Celestine weiterhin „ein großer Traum“.

Am Samstag jedoch überwog die Freude über das Wiedersehen mit vielen Menschen, die sie jahrelang nicht sehen konnte. „Celestine ist wieder da - das wollen wir feiern“, sagte Kontaktkreis-Vorsitzende Wiltrud Lambinet-Potthoff, die es „gar nicht glauben“ konnte, ihr plötzlich gegenüberzustehen. „Es war einfach ein toller Moment“, so Lambinet-Potthoff. Auch Familienvater Christopher Kpakou war anwesend und nach eigener Aussage „sehr glücklich“. Doch in einem Moment übermannten auch ihn die Tränen, bei den Worten seiner Tochter: „Ich will, dass auch meine Mutter und meine Geschwister meinen Vater wiedersehen können“, sagte sie. Der Unterstützerkreis arbeitet laut Lambinet-Potthoff weiterhin an einer Besuchserlaubnis für Celestines Mutter und Bruder Panajotis. Knackpunkt ist dabei eine fehlende „Verpflichtungserklärung“, bei der sich eine Person zur Übernahme aller durch sie in Deutschland anfallenden Kosten bereit erklären muss. Auch die Kosten einer erneuten Ausreise müssen getragen werden.

von Peter Gassner


Quelle: Originalartikel auf OP-Marburg.de

Erstes Wiedersehen seit 2006

Erstes Wiedersehen seit 2006   |   Quelle: Oberhessische Presse

Hoffnungsvoll geht es in den dritten Neuanfang


2006 wurde die Familie Kpakou nach Togo abgeschoben. Eine Tochter,die inzwischen 27-jährigeCelestine, ist seit einigen Wochen wieder in Deutschland und darf hier auch bleiben als frischgebackene Ehefrau.

Das Foto ist ein bisschen unscharf, doch dokumentiert es für die Familie Kpakou ein ganz wichtiges Ereignis, es entstand wenige Sekunden nach dem Wiedersehen von Vater Christoph und Tochter Celestine am Flughafen.
Das Foto ist ein bisschen unscharf, doch dokumentiert es für die Familie Kpakou ein ganz wichtiges Ereignis, es entstand wenige Sekunden nach dem Wiedersehen von Vater Christoph und Tochter Celestine am Flughafen.
© Privatfoto


Cölbe. „Ich bin froh, wieder hier zu sein“, sagt Celestine Kpakou. „Auch wenn es manchmal ein bisschen einsam ist.“ Einsamkeit kannte sie früher nicht. Sie ist in einer Großfamilie aufgewachsen.

Celestine war sieben Jahre alt, als sie und ihre Familie aus Togo nach Deutschland flüchteten. Ihr Vater Christoph Kpakou wurde in seiner Heimat politisch verfolgt. In Cölbe fand die elfköpfige Familie ein neues Zuhause. Die Kinder besuchten verschiedene Schulen, lernten Deutsch, waren in Vereinen aktiv, hatten Freunde und Berufsvorstellungen.

Alles schien in geregelten Bahnen zu laufen. Ein Asylantrag der Familie wurde zwar abgelehnt, sodass die Angst vor Abschiebung sie immer begleitete, aber 13 Jahre passierte nichts. Bis zum Spätsommer 2006, als sich das Leben der Kpakous schlagartig veränderte.

Zunächst wurden größtenteils die Kinder nach Togo abgeschoben. Anfang Oktober mussten die Mutter, eine Tochter und zwei Kleinkinder ebenfalls ihre liebgewonnene Heimat in Deutschland verlassen.

Visum nach Hochzeit
Zurück blieb Vater Christoph Kpakou, weil er schwer krank war. Bis heute lebt er in Cölbe. Allein, fernab von seiner Familie. Er ist ebenso auf die Unterstützung und Hilfe von Freunden angewiesen wie seine Familie in Togo, der es anfangs sehr schwerfiel, sich zurechtzufinden.

Erst mit den Jahren fanden die Kinder einen Ausbildungsplatz. Celestine machte eine Ausbildung zur Schneiderin, aber die Perspektiven waren schlecht.

Im Herbst 2012 lernte Celestine einen Mann kennen, der ihr gefiel und von dem sie sich verstanden fühlte. Er ist Togoer, lebt aber seit Jahren in Deutschland und war damals zu Besuch in seiner Heimat.

Die beiden verstanden sich und ein knappes Jahr später heirateten sie. Damit war für Celestine der Weg für eine Rückkehr nach Deutschland geebnet. Sie erhielt ein Visum und am 13. Dezember vergangenen Jahres kehrte sie nach Deutschland zurück.

Mit ihrem Mann lebt sie nun im pfälzischen Frankenthal, einer Stadt in der Nähe von Mannheim. „Mein Mann arbeitet in einer Fabrik, und Freunde habe ich hier noch nicht gefunden“, erzählt sie. So verlaufen ihre Tage recht ruhig und einsam. Oft muss sie an ihre Familie in Afrika denken, aber sie ist froh, dass sie zurück in Deutschland ist.

Gerade begann sie einen Kurs an der Volkshochschule, um sich für die Tagespflege von Kindern zu qualifizieren. Celestine freut sich, den Kurs machen zu können:
„Ich kann gut mit Kindern umgehen“, sagt die 27-Jährige. Aber sie hofft auch, dort Menschen kennenzulernen und Freunde zu finden.

Ihre Freunde in Cölbe und Umgebung hat sie seit ihrer Rückkehr schon besucht und natürlich auch ihren Vater. „Ihm geht es gut“, erzählt sie. „Er sieht viel besser aus als auf den Fotos, die mir nach Afrika geschickt wurden.“ Doch Celestine weiß, dass er sich einsam fühlt.

„Es wäre schön, wenn meine Mutter bei ihm sein könnte“, sagt sie. Doch das erscheint unmöglich. Sie darf nur nach Deutschland zurückkehren, wenn Christoph Kpakou für sie Unterhalt zahlt. „Das kann er aber nicht, weil er nicht arbeiten kann“, erzählt Celestine.

Realschulabschluss wäre eine tolle Sache
Sie selbst würde gern Geld verdienen und zum Unterhalt ihres Mannes etwas beisteuern. Mit ihrer Ausbildung zur Schneiderin kann sie in Deutschland wenig anfangen. Gern würde sie ihren Realschulabschluss nachholen, „aber dann verdiene ich kein Geld“, sagt Celestine. Sie hofft, auch so eine Ausbildung machen zu können. Auf jeden Fall ist ihr eine Berufsausbildung wichtig, um zu arbeiten.

Und was wünscht sie sich sonst noch für die Zukunft? „Ich möchte nie wieder Angst vor Abschiebung haben. Und am schönsten wäre es, wenn die ganze Familie wieder in Deutschland vereint wäre.“


von Heike Horst

Quelle und Originalartikel OP-Marburg online

 
Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...